Fünf Jahre nachdem ich hier mit Roger Willemsen gesessen habe, bin ich zurück im Schmelztigel. Er heißt noch immer Schmelztigel und auch Freddy ist immer noch da, immer noch derselbe, vielleicht etwas müder als früher. Er sei grade Vater geworden, erzählt er mir und seine Augenringe, die tun das auch. Gentleman kommt pünktlich zu unserem Termin, der anlässlich seines Films stattfindet, der grade in den Kinos angelaufen ist. Er heißt Journey to Jah, ist ein Dokumentarfilm und zeigt Leben und Arbeiten des deutschen Reggae-Exports und ein bisschen Schaffensbiographie ist es auch.
Den Fotos voraus geht ein Interview und ich erkläre was wir machen werden, dass wir dies müssen und dann noch das und er ist fein mit allem und lacht und sagt „Ja man, geb‘ alles!“ und tut genau dasselbe. Seine Antworten sind gut und später wird es mir schwer fallen, sie auf den vorgegebenen Textumfang des Magazins runter zu verkrüppeln. Dann kommen die Fotos und wie immer in dieser dunklen Bar geht es ums Licht und wie immer unterhalte ich mich eigentlich die ganze Zeit mit dem Menschen, den ich fotografiere, über irgendwas ganz anderes als das, was wir grade tun. Einzig den Blick lenke ich hin und wieder, den Blick zum Licht, der Blick aus dem Fenster, auch diesmal ganz wichtig. Und so schaut Tillmann aka Gentleman aus demselben Fenster, aus dem Jahre zuvor schon Roger Willemensen auf dieselbe Straße geschaut hat, die Luxemburger. Doch für Tilmann ist der Blick ein anderer, nicht der Blick auf einen beliebigen, fremden Ort. Denn hier neben Stromkabeln und Kanalisation laufen auch irgendwie ein bisschen seine Wurzeln vorbei. Köln ist Heimat und da gegenüber, im Haus neben dem Rose Club, direkt unterm Dach, da habe er mal gewohnt. Das sei lange her, so ungefähr zwanzig Jahre, zu seiner Zivi-Zeit, „wilde Zeit“, sagt er und dann lacht er wieder, denn das tut er sowieso ständig.
Köln, im Sommer 2014
